Ali in Qatar – jetzt mit Bericht

Immer schön langsam

Wenn man als Internationaler Meister mit ELO 2425 nicht einmal zu den ersten 100 der Setzliste gehört, dann muss das Turnier wirklich erstklassig besetzt sein. Beim Qatar Masters in Doha sind nicht nur Weltmeister Magnus Carlsen und Ex-Weltmeister Vladimir Kramnik, sondern auch weitere 69 Großmeister am Start. Eine gute Gelegenheit für unseren Bundesliga-Spieler IM Alexander Seyb, sich auf die Jagd nach dem einen oder anderen GM-Skalp zu machen und dabei vielleicht sogar einem der ganz Großen gegenüberzusitzen. Ob dann auch noch eine allerdings sehr schwer zu erringende GM-Norm dabei herausspringt – wer weiß? Gespielt wird übrigens im 300 Meter hohen „Torch Hotel,“ das seinen Namen der Form einer Fackel verdankt. Dank einer Live-Übertragung kann man das Geschehen auf den Brettern direkt verfolgen. Wir wünschen „Ali“ am Persischen Golf viel Erfolg! Update: Mit 3,5 Punkten aus neun Runden und fast unveränderter ELO-Zahl hat „Ali“ Rang 108 erreicht. Knapper Sieger wurde Weltmeister Magnus Carlsen vor dem punktgleichen Chinesen Yu Yangyi und Vladimir Kramnik. Alexander hat uns ein schönes Foto und einen ausführlichen Bericht zukommen lassen:
DSB-Vorbericht
Bericht von Jonathan Carlstedt
Zwischenbericht von Jonathan Carlstedt
Turnierseite
Live-Partien (täglich ab 13 Uhr)
NN-Bericht
FT-Artikel

Hier Alexanders Bericht aus Katar:

„Zum diesjährigen Open nach Katar reiste ich mit GM Stefan Bromberger von unserem Ligarivalen MSC Zugzwang aus München. Nachdem ich im letzten Jahr mit meiner ersten IM-Norm ein gutes Turnier gespielt hatte und die Organisation im Wüstenstaat wirklich tiptop war, beschloss ich, die Weihnachtstage (das Turnier fand vom 20.12-29.12 statt, Ruhetag 25.12) nicht wie üblich auf dem Sofa oder mit sonst eigentlich unnützen Tätigkeiten, sondern vor dem Schachbrett zu verbringen. Leider konnte ich meine schon seit längerem schlechte Form eindrucksvoll konservieren und so war vom sportlichen Standpunkt aus gesehen das Beste, dass ich trotz eines katastrophalen Turniers fast keine ELO verloren habe.

In Runde 1 verlor ich gegen einen jungen Gegner aus Indien, nachdem ich in der Eröffnung viel Zeit verbraucht hatte und in komplizierter Stellung plötzlich Gespenster sah. Statt den eigentlich geplanten Zug führte ich lieber einen aus, der die Partie sofort wegwirft. In Runde 2 schon mein bestes Ergebnis. Ich konnte gegen eine der stärksten Frauen der Welt gewinnen. Meine georgische Gegnerin spielte in der Eröffnung einen nur schwer erklärbaren Zug, nach dem die Partie für Schwarz nur noch schwer zu retten war.

In Runde 3 überraschte mich mein amerikanischer Gegner mit einer scharfen Eröffnungswahl. Wieder verbrauchte ich zu viel Zeit und konnte so in komplizierter Stellung nicht die beste Fortsetzung finden. In Runde 4 ein ähnliches Bild. Ausgangs der Eröffnung stand ich gegen meinen Gegner aus Ägypten leicht bis klar besser, verbrachte dann aber für schlechte Züge zu viel Zeit, um in der Zeitnot dann gleich alles einzustellen.

In Runde 5 eine ebenso schlechte Partie gegen den nächsten Ägypter. Nachdem wir uns mit schlechten Zügen abwechselten, sollte ich das Endspiel bei diesmal gegnerischer Zeitnot eigentlich gewinnen. Aber ein unvorhergesehener Zug meines Gegners, der plötzlich Mattdrohungen aufstellte warf mich völlig aus der Bahn, so dass am Ende nur ein Remis stand. Nach dem Ruhetag ging ich in Runde 6 topvorbereitet ans Brett. Mein indischer Gegner wählte jedoch eine unvorhergesehene Eröffnung. Da ich dann eine gute Vorbereitung seinerseits fürchtete, entschloss ich mich, lieber ein schnelles Remis durch Zugwiederholung mitzunehmen.

In Runde 7 verlor ich gegen die ehemalige Frauenweltmeisterin Antoaneta Stefanova. Wieder verbrauchte ich viel zu viel Zeit und so war es nur logisch, dass mir in der entscheidenden Partiephase ein Fehler unterlief. In Runde 8 spielte ich gegen eine junge Gegnerin aus Indien, die mir genau in eine vorbereitete Variante lief. Nachdem sie in der Eröffnung schon unter Druck geraten war, konnte ich einen Bauern und danach mit leichter Hand auch die Partie gewinnen.
In Runde 9 spielte ich gegen einen Gegner aus der Türkei, der ein ähnlich missratenes Turnier wie ich zu beklagen hatte. In für mich möglicherweise leicht vorteilhafter Stellung „fanden“ wir bei fast vollem Brett eine Zugwiederholung und waren eigentlich beide froh, das Turnier wenigstens nicht mit einer Niederlage abzuschließen.

Alles in Allem für mich damit kein erfreuliches Turnier. Trotzdem überlege ich, im nächsten Jahr wieder teilzunehmen. Perfekte Organisation und ein starkes Teilnehmerfeld reizen doch sehr und lassen daneben auch Gesamtkosten (Flug, Übernachtung im Fünf-Sterne-Hotel, Verpflegung) von ca. 2.000 € für angemessen erscheinen. Diesjähriges Highlight war mit Sicherheit die Teilnahme von Weltmeister Magnus Carlsen, der das Turnier nach anfänglichem Holperstart auch gewinnen konnte (ausführlicher Bericht dazu in SCHACH, erscheint am 29.01.2016). Für nächstes Jahr haben die Organisatoren nochmals eine Steigerung angekündigt, auf die ich jetzt schon gespannt bin.“

Gegner von IM Alexander Seyb (ELO 2425):

0:1

GM Gujrathi Vidit Santosh

(2644)

Indien
1:0

GM Nana Dzagnidze

(2559)

Georgien
0:1

GM Daniel Naroditsky

(2628)

USA
0:1

GM Samy Shoker

(2489)

Ägypten
remis

IM Mohamed Ezat

(2490)

Ägypten
remis

GM Das Neelotpal

(2475)

Indien
0:1

WGM Antoaneta Stefanova

(2521)

Bulgarien
1:0

WIM Bodda Pratyusha

(2260)

Indien
remis

IM Cemil Can Ali Marandi

(2454)

Türkei